Grüner Montag: Schulwegbegehung erbrachte interessante Lösungsansätze

Warum fahren Eltern ihre Kinder zur Schule? Laut einer ADAC-Studie gehören zu den Hauptgründen mangelnde Verkehrssicherheit und die Angst vor Belästigung und Bedrohungen auf dem Schulweg. Wer selbst einmal versucht hat, morgens zwischen 7.30 und 8 Uhr einen Schulweg zu Fuß oder mit dem Rad zu nehmen, wird feststellen, dass wir auch in Schwalmtal Gefahrenpunkte kennen, die es in sich haben. Wir haben als Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN bereits mehrfach darauf aufmerksam gemacht und z. B. für wichtige Straßenquerungen zusätzliche Markierungen vorgeschlagen oder dem Beispiel vieler anderer Kommunen zu folgen und innerorts die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h zu setzen. Solche Maßnahmen könnten es vielen Schülern erleichtern, den Schulweg zu Fuß oder mit dem Rad zu machen. Und das macht ganz viel Sinn: Kinder lernen viel, wenn Sie den Schulweg selbstständig meistern. Das besagen auch Studien, wie diese hier vom ADAC:

„Mittlerweile ist durch zahlreiche Studien nachgewiesen, dass die tägliche Bewältigung des Schulwegs zu Fuß eine Reihe von positiven Effekten auf die kindliche Entwicklung hat. Dazu zählen eine höhere Konzentrationsfähigkeit im Unterricht, eine gesteigerte körperliche Fitness, der Abbau von Übergewicht sowie – bei gemeinsamer Bewältigung des Schulwegs mit anderen Kindern – die Verbesserung des Sozialverhaltens. Hinzu kommt, dass Kinder dadurch frühzeitiger ein Bewusstsein für Gefahrensituationen im Straßenverkehr entwickeln und in die Lage versetzt werden, ein räumliches Bild („geistige Landkarte“) der eigenen Stadt bzw. des eigenen Schulwegs zu entwerfen.“ (ADAC-Studie zu Elternhaltestellen)

Um dieses Problem endlich in den Griff zu kriegen und gemeinsam mit Eltern und Anwohner*innen nach Lösungen zu suchen, hatten wir am Montag, den 31.8. 2020 zu einem weiteren grünen Montag eingeladen.

Das Thema: „Sicherere Schulwege in Schwalmtal“ besorgt viele Eltern sehr und auch den Anwohner*innen der Grundschulen ist das morgendliche Verkehrschaos auf den Zufahrtsstraßen zur Grundschule mehr als ein Dorn im Auge. Es waren sich alle einig:  „Dass hier noch nichts Schlimmes passiert ist, grenzt an ein Wunder.“

Wir trafen uns um 19.00 Uhr auf dem Garagenhof an der Einfahrt zum Zoppenberg. Es waren nicht ganz so viele Eltern gekommen, wie gerne gekommen wären. Wegen gleichzeitig stattfindender Elternabende hatten sich einige Eltern entschuldigen müssen. Paul Lentzen begrüßte die Anwesenden und schilderte kurz die Problemlage. Auch ein Anwohner war gekommen und berichtete von seinen Erfahrungen und den Begebenheiten, wie sie sich Tag für Tag am Zoppenberg zutragen.

Im Anschluss machte sich die Gruppe auf den Weg und ging den Schulweg entlang, der natürlich an diesem Abend friedlich leer war. Aber jede*r, der oder die morgens um kurz vor 8 Uhr schon einmal dort war, konnte sich gedanklich leicht an einen Morgen vor Schulbeginn versetzen.

 

Auf dem Schulhof hatten wir ein paar Bänke aufgebaut und es warteten auch Getränke auf die Teilnehmer*innen. Paul Lentzen stellte unsere Lösungsansätze vor – jede Maßnahme für sich ein Baustein zur Reduzierung des morgendlichen Verkehrs in Schwalmtal:

  • Mehr Fußbusse: Kindern treffen sich an „Haltestellen“ und gehen in begleiteten Gruppen zur Schule
  • Verbesserung von Markierungen und Schutzzonen auf Schulwegen. Hier setzen wir eine neue Priorität: Schulweg geht vor Fahrbahn. Wir geben Schülern, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, den Platz, den sie brauchen. Die Schulwege müssen außerdem stets in gutem Zustand sein.
  • Küss und tschüss: gut organisierte Elternhaltestellen statt gefährlichem Verkehrschaos vor dem Schulhof.

Und als letzten Baustein schlug Paul vor, den Schülerspezialverkehr für alle zu öffnen:

„Es ist nicht zu vertreten, dass ein Schulbus oft nicht mal halb besetzt fährt, während viele Kinder nicht mitfahren dürfen. Wenn alle Kinder mit dem Bus fahren könnten, wären mit einem Schlag sehr viel weniger Autos auf der Straße. Das ist gleichzeitig auch aus ökologischen Gründen erstrebenswert.“

Thomas Höpfner, der Leiter des Fachbereichs Schule, Ordnung, Sport und Kultur, war freundlicherweise auch gekommen und erläuterte die aktuelle Gesetzeslage, die für den freigestellten (also kostenlosen) Schülerspezialverkehr Kilometergrenzen definiert. Ein*e Grundschüler*in hat demnach erst ab einer Entfernung von 2 km ein Anrecht auf Beförderung.

Viele Eltern wären jedoch gern bereit, einen Kostenanteil zu übernehmen, wenn ihr Kind auch innerhalb des 2-km-Radius’ den Schulbus nutzen dürfte. „Am besten bringen wir doch beides zusammen und so alle Kinder sicher in die Schule“, formulierte Paul das Ziel.

Keine Regel ohne Ausnahme – auch im Schülerspezialverkehr

Dann meldete sich eine Teilnehmerin zu Wort. Die Polizeibeamtin hatte nämlich recherchiert, dass es eine Ausnahmeregelung gäbe. Eine Mitnahme weiterer Kinder im Schulbus sei unter zwei Bedingungen möglich, die in §2, Absatz 4 des Personenbeförderungsgesetzes genannt werden:

„Die Genehmigungsbehörde kann … (die) Befreiung vom Verbot der Mitnahme anderer Fahrgäste erteilen, wenn dies im öffentlichen Verkehrsinteresse geboten und mit Rücksicht auf bestehende öffentliche Verkehrseinrichtungen wirtschaftlich vertretbar ist.“

Beide Bedingungen sind nach Ansicht der Teilnehmer*innen und Kommunalpolitiker*innen erfüllt. Paul Lentzen fasste zusammen:

„Die zunehmend chaotische Verkehrssituation insbesondere rund um die Grundschulen in Schwalmtal, erhebliche ökologische Vorteile sowie die höhere Verkehrssicherheit für die Schüler*innen begründen das öffentliche Verkehrsinteresse. Und da der freigestellte Schülerspezialverkehr in Bereichen ohne ÖPNV-Anbindung zusätzlich für Schüler*innen nutzbar sein soll, die ihre Fahrtkosten selbst tragen, ist die Maßnahme auch wirtschaftlich unschädlich für bestehende öffentliche Verkehrseinrichtungen. Außerdem werden wir natürlich alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Tickets bezahlbar zu halten bzw. auch Kinder aus einkommensschwachen Haushalten mitzunehmen.“

Bald Schulbusse für alle?

Paul dankte der fachkundigen Teilnehmerin ausdrücklich für ihre Recherche und versprach, dass wir uns sofort darum kümmern werden und bei der Bezirksregierung alle nötigen Informationen einholen, um das Genehmigungsverfahren für Schwalmtal einzuleiten. Natürlich muss jetzt erst mal detailliert ausgearbeitet werden, wie das zusätzliche Schulbusangebot umgesetzt werden kann. Grundsätzlich sind wir aber zuversichtlich, dass die Bezirksregierung eine Genehmigung erteilen kann. Und so können wir alle mehr als zufrieden sein mit dem Ergebnis dieses grünen Montags. Sogar für andere Kommunen dürften die neuen Erkenntnisse von Interesse sein.

Uns zeigt das einmal mehr, dass es immer gut und richtig ist, die Bevölkerung mit ins Boot zu holen und vom Wissen und den Erfahrungen vieler zu profitieren. Vor diesem Hintergrund kann sich auch Paul bestätigt sehen, der als eine der ersten Amtshandlungen als neuer Bürgermeister Schwalmtals regelmäßige Ortsteilversammlungen einführen möchte. Um Bürger*innen besser zu informieren, um zu erfahren, ob es Sorgen und Probleme gibt, aber auch, um von ihnen zu lernen und von den Erfahrungen aller zu profitieren. Gemeinsam schafft man einfach mehr. Das gilt für alle Lebenslagen. Auch für die Gestaltung unseres Gemeindelebens.