Das war unsere Veranstaltungskündigung, mit der wir auf Facebook unsere Tour mit dem Nachtwächter beworben hatten. Was dann am gestrigen Montag passierte, hat unsere kühnsten Erwartungen weit übertroffen. Etwa 60 Leute waren unserer Einladung gefolgt, der Marktplatz in Waldniel füllte sich immer mehr mit Menschen, die auf den Nächtwächter warteten. Und das, obwohl das Wetter ziemlich unbeständig und auch nicht besonders gemütlich war. Aber viele wollten sich eben diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, sich unserer Heimat und ihrer Geschichte auf diese ganz besondere Art zu nähern.
Und dann kam er – der Nachtwächter von Waldniel. Der Vorsitzende der Grünen, Dr. Thomas Nieberding begrüßte ihn und natürlich auch die zahlreich erschienenen Interessierten. Danach begrüßte uns auch der Nachtwächter, der im richtigen Leben Hans-Gerd Küppers heißt.
Die Grenzen Waldniels
Es ging damit los, dass uns der Nachtwächter erst mal unsere Grenzen aufzeigte. Und er zeigte uns auch die Stellen, wo früher die Waldnieler Tore waren und wie der Wall verlief.
Seine Tour durch unseren Ortskern spickte er immer wieder mit netten Anekdoten – es war wirklich kurzweilig, ihm zuzuhören. Wer gut zuhörte, hat sicher einiges gelernt, was man vorher noch nicht wusste: Dass das ursprüngliche Rathaus dort stand, wo heute auf dem Marktplatz die Wäscherin ist. Dass das alte Wappen und die Madonnenstatue, die auch heute am Gebäude des Rathauses hängen, alles sind, was vom alten Rathaus übrig geblieben ist. Dass die Statue am Rathaus eine wetterfeste Replik ist und das Original im Seniorenheim steht. Dass der Löwe auf dem Waldnieler Wappen der Jülicher Löwe ist, weil Waldniel ca. 500 Jahre lang vom Jülicher Fürsten regiert wurde. Dass das Gebäude, in dem heute die Kleiderkammer der Caritas ist, früher Waldniels Schule war, weshalb die Straße auch heute noch Schulstraße und die Gasse davor Schulwall heißen. Und das sind nur einige Beispiele aus der rund zweistündigen, prall mit Infos gefüllten, kurzweiligen Führung.
Hier stehen wir in der Lange Straße und er gibt gerade die Antwort auf die Frage, die durchaus auch bei Günter Jauch einiges wert sein könnte: “Wo steht das schmalste Haus Deutschlands”?
Schwalmtaldom schneller fertig als heutzutage mancher Flughafen
Eine Info verblüffte uns alle: Der Bau des Schwalmtaldoms dauerte nur sieben Jahre. Da kam gleich der Vergleich zum BER Flughafen auf.
Es wurde nicht nur gestaunt, sondern auch viel, laut und schallend gelacht:
Aber es gab auch ernste Themen wie die Stolpersteine in der Pumpenstraße, die an das Schicksal jüdischer Bürger*innen in Waldniel erinnern. Und natürlich waren in der Pumpenstraße selbst auch die Pumpen ein Thema. Ein Prachtexemplar hat Werner Lüders – übrigens wieder der Fotograf aller Bilder, vielen Dank Werner! – im Bild festgehalten. Früher, als es noch keine Wasserleitungen im Dorf gab, holten sich die Waldnieler ihr Wasser in eben jener Pumpengasse. Jeder Eimer Wasser, den man abpumpte, wurde im „Wasserbuch“ notiert und man musste sein Wasser entsprechend bezahlen.
Im Schmiedenhof, dem Haus in der Marktstraße, gegenüber vom Bistro Orphelino, war früher die Schmiede Waldniels. Die alte Feuerstelle des damaligen Schmieds ist noch erhalten. Der heutige Eigentümer, Hans Lamken – übrigens unser „Eisen im Feuer“ für den Wahlbezirk 6110 Zoppenberg – hat daraus einen traumhaft schönen offenen Kamin gemacht.
Am Ende des Abends waren sich alle einig: Das hatte sich gelohnt. 60 Menschen aus Schwalmtal hatten sich zusammengefunden und irgendwie einte uns die ganze Zeit so ein Heimatgefühl: Das ist unser Ort, über den er da spricht, unsere Pumpenstraße, unsere Pestmühle, unser Schwalmtaldom, unser Bleichwall. Wir können allen diese Führung mit dem Nachtwächter wirklich empfehlen. Man kann ihn buchen. Das ist eine äußerst anregende Stunde – wir waren eine riesige Gruppe, unsere Führung hat sogar zwei Stunden gedauert – für Jung und Alt. Der Nachtwächter von Waldniel bezieht alle mit ein und begeistert auch Kinder und Jugendliche. Ja sogar Häschen hören interessiert zu.
Und weil es so viele schöne Fotos sind – auch so viele von einzelnen Teilnehmer*innen – die insgesamt einen wunderbaren Eindruck von dieser Führung und vor allem von dem Interesse der Leute vermitteln, sind sie hier nun noch einmal alle. Ein Klick aufs Bild zeigt das Bild in Originalgröße. Sollte sich jemand entdecken, der hier nicht gezeigt werden möchte: Kurze Nachricht genügt, wir entfernen das Foto dann sofort. Sollte jemand ein Foto von sich selbst haben wollen, weil es ihm oder ihr besonders gut gefällt, reicht auch eine Nachricht, wir schicken es dann gerne zu. In beiden Fällen bitte einfach eine kurze Mail schicken. (Und beim nächsten Montagstermin denken wir dann auch an Buttons für alle. Versprochen.)
Grüner Montag, 06.07.2020 – Führung mit dem Nachtwächter durch Waldniel